27.11.2018 | 1 Document

UNIQA Capital Markets Weekly

Der Rückzug der Babyboomer und das lange Erwerbsleben der Nachgeborenen

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  • In den aktuellen Bevölkerungsprognosen der Statistik Austria steigt die Altersabhängigkeit in den nächsten Jahren stark.
  • Frauen sollen ihr Erwerbsverhalten an jenes der Männer angleichen. Bei der Erwerbsbeteiligung soll sich Österreich in Zukunft an die Fersen eines internationalen Musterschülers heften.

 

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  • In den aktuellen Bevölkerungsprognosen der Statistik Austria steigt die Altersabhängigkeit in den nächsten Jahren stark.
  • Frauen sollen ihr Erwerbsverhalten an jenes der Männer angleichen. Bei der Erwerbsbeteiligung soll sich Österreich in Zukunft an die Fersen eines internationalen Musterschülers heften.

Die neuen Ergebnisse der Bevölkerungsprognose 2018 der Statistik Austria zeigen in der Hauptvariante eine nur gering unterschiedliche Entwicklung gegenüber den letztjährigen Prognosen. Wie die Statistik Austria anmerkt, wächst Österreichs Bevölkerung und altert, was sich durch eine anhaltende Zuwanderung, stagnierende Geburtenzahlen und eine weiterhin steigende Lebenserwartung ergibt. Die geburtenstarken Babyboom-Jahrgänge kommen in das Pensionsalter.  Die gesamte Bevölkerung steigt von rund 8,8 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner in 2017 auf 9 Millionen in 2022 und 9,3 Millionen in 2030. Langfristig steigt die Gesamtbevölkerung ab 2084 auf über 10 Millionen.
Der Anteil der Bevölkerung im Alter von 60 Jahren oder älter steigt stark an und wird bis 2030 von derzeit 24 % auf 30 % wachsen. Im Vergleich zur letzten Bevölkerungsprognose wächst diese Altersgruppe um rund 1.000 Personen pro Jahr stärker, während die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter im Schnitt um rund 17.200 Menschen pro Jahr geringer ausfällt. Aufgrund der alternden Babyboomer, welche große Alterskohorten darstellen, fällt das Verhältnis der erwerbsfähigen Bevölkerung (15-60 Jahre) zur Bevölkerung im Pensionsalter (60+) von 2,5 % in 2017 auf 1,8 in 2030 und langfristig auf 1,5 .

Das Bevölkerungswachstum wird durch die anhaltende Zuwanderung getrieben. Die Statistik Austria nimmt in der Hauptvariante eine durchschnittliche Zuwanderung von 149.000 Personen pro Jahr bis 2030 an. Der Aussenwanderungssaldo (Zuwanderung minus Abwanderung) liegt im Durchschnitt bis 2030 bei plus 34.600 Personen pro Jahr. Zum Vergleich: Im (Haupt-) Szenario ohne Wanderung bleibt die Gesamtbevölkerung bis 2030 relativ konstant bei 8,8 Millionen, langfristig geht sie allerdings stark zurück (2100: 5,8 Millionen). 
2017 lag die Lebenserwartung bei 79,3 bzw. 83,9 Jahren bei Frauen und Männern. Die Lebenserwartung bei Geburt steigt laut Statistik Austria in den nächsten Jahren weiterhin um 0,2 Jahre (bei Frauen bis 2051 und bei Männern bis 2028). Langfristig liegt der jährliche Anstieg der Lebenserwartung bei 0,1 Jahren.
Das Arbeitskräfteangebot wird laut der aktuellen Erwerbsprognose der Statistik Austria auch in Zukunft steigen. Bis 2050 soll die Zahl der Erwerbspersonen im Trendszenario um 5 % von 4,6 Millionen (2017) auf 4,8 Millionen ansteigen. Die Statistik Austria erstellt drei Szenarien über die zukünftige Entwicklung der Erwerbsbeteiligung: ein Trendszenario, ein Aktivierungsszenario und eine konstante Variante. Die Erwerbsprognosen basieren auf einer Extrapolation von alters- und geschlechtsspezifischen Erwerbsquoten und berücksichtigen „gegebene Rahmenbedingungen in der Zukunft“.  Steigende Erwerbsquoten im höheren Alter werden in etwa als Folge der Veränderungen im Pensionsrecht erwartet. Dazu gehört die Angleichung des Pensionsantrittsalters der Frauen an das der Männer und die Heranführung des faktischen an das gesetzliche Pensionsalter.
Die allgemeine Erwerbsquote der 15- bis 64-Jährigen steigt demnach im Trendszenario von 76,0 % in 2017 auf 81,8 % in 2050 .
Demgegenüber steigt die Erwerbsquote im Aktivierungsszenario bis 2050 auf 86,3 %, während im konstanten Szenario ein Rückgang auf 74,6 % erfolgt. Dabei wird klar, wie groß die Spannbreite für mögliche Entwicklungen der Erwerbsbeteiligung über einen langfristigen Betrachtungszeitraum ist.
Besonders stark hängt der langfristige Anstieg mit der steigenden Erwerbsbeteiligung von Frauen zusammen (Grafik 3). Die Erwerbsquote von Frauen steigt im Trendszenario der Statistik Austria von 71,5 % (2017) auf 81,0 in 2050 und gleicht sich damit nahezu der Erwerbsbeteiligung der Männer an.

Unter den altersspezifischen Erwerbsquoten ist vor allem der Anstieg der Erwerbsbeteiligung im hohen Alter beachtlich (Grafik 4). Im Trendszenario steigt die Erwerbsquote der 55- bis 59-jährigen und der 60- bis 64-jährigen Bevölkerung von 73,5 % und 27,9 % (2017) auf 87,0 % und 66,0 % in 2050.

Welche Vergleichsmöglichkeiten hat man angesichts der hohen Unsicherheit bei Langfristprognosen über die Erwerbsbeteiligung? Die demografische Literatur betont die Bedeutung der Bildung als zusätzliche Dimension neben Alter und Geschlecht bei Langfristprognosen über die Bevölkerungsentwicklung.  Fast universell haben Frauen mit höherem Bildungsniveau weniger Kinder. Ein höherer Bildungsstand ist assoziiert mit einer geringeren Sterblichkeit, besserer Gesundheit und anderen Migrationsmustern. Zuletzt wurden bildungsspezifische Szenarien auch für die Erwerbsbeteiligung herangezogen.  Die Berücksichtigung von Änderungen im Bildungsstatus verändert die Ergebnisse von langfristigen Prognosen der Erwerbsbeteiligung. Loichingers Benchmark-Szenario kommt zu einem Ergebnis, welches sehr vergleichbar mit der Entwicklung der Erwerbsquote im Trendszenario der Statistik Austria ist (Grafik 5). Im Benchmark-Szenario werden als langfristige Zielverteilung die Erwerbsquoten Schwedens in 2008 herangezogen. Schweden ist unter den höchsten Werten bei bildungs-, alters- und geschlechtsspezifischen Kombinationen von Erwerbsquoten innerhalb der EU-Staaten. Die Erwerbsquote steigt von 75,7 % in 2018 auf 82,2 % in 2053. Interessant ist dabei, dass eine weniger starke Angleichung zwischen Frauen und Männer erfolgt als im Trendszenario der Statistik Austria. Für 2053 werden Erwerbsquoten von 79,1 % und 85,3 % für Frauen und Männer prognostiziert.

Das Verhältnis der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter und im Ruhestand wird sich in den nächsten Jahren dramatisch verschieben, wenn große Alterskohorten der Babyboomer-Generation in Pensionsalters kommen. Der Anstieg der Erwerbsbeteiligung in der aktuellen Erwerbsprognose der Statistik Austria geht von einer langfristigen Angleichung bei der Erwerbsbeteiligung von Frauen und Männern aus. Frauen gehen aber oft Teilzeittätigkeiten nach. Familiäre Fürsorgepflichten (Betreuung von Kindern und Pflege) sind der wichtigste Grund dafür, dass rund 48 % der Frauen aktuell eine Teilzeittätigkeit ausüben.  Ein deutlicher Anstieg der Erwerbstätigkeit wird auch in höheren Altersgruppen unterstellt, welche mit der Angleichung des Pensionsalters der Frauen an jenes der Männer und der Heranführung des faktischen an das gesetzliche Pensionsalter in Zusammenhang steht. Dabei wird unterstellt, dass ältere Arbeitnehmerinnen am Arbeitsmarkt integriert werden können. Ein Konflikt ergibt sich dadurch, dass vor allem Frauen (selbst im Schnitt über 60 Jahre) die häusliche Altenpflege innerhalb der Familie übernehmen. Unser Vergleich verdeutlicht auch, dass die offiziellen Prognosen im internationalen Vergleich durchaus optimistisch sind. Langfristig soll sich die Erwerbsbeteiligung an jene in Schweden angleichen – einen internationalen Spitzenreiter.

 


Authors
Martin Ertl                                       Franz Xaver Zobl
Chief Economist                             Economist
UNIQA Capital Markets GmbH     UNIQA Capital Markets GmbH

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