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UNIQA Capital Markets Weekly

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Ist das staatliche Pensionssystem den demografischen Herausforderungen gewachsen? Eine Simulation des österreichischen Pensionssystems zeigt:

  • Der Budgetzuschuss steigt in fast jedem Szenario.
  • Eine frühere Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters der Frauen hilft nur vorübergehend.
  • Bleibt das Pensionsantrittsalter unverändert, dann explodieren die Budgetkosten.
  • Nur durch einen starken Anstieg des Pensionsalters oder alternativ durch eine enorme Beitragserhöhung wird der Bundeszuschuss stabilisiert.

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Ist das staatliche Pensionssystem den demografischen Herausforderungen gewachsen? Eine Simulation des österreichischen Pensionssystems zeigt:

  • Der Budgetzuschuss steigt in fast jedem Szenario.
  • Eine frühere Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters der Frauen hilft nur vorübergehend.
  • Bleibt das Pensionsantrittsalter unverändert, dann explodieren die Budgetkosten.
  • Nur durch einen starken Anstieg des Pensionsalters oder alternativ durch eine enorme Beitragserhöhung wird der Bundeszuschuss stabilisiert.


2015 waren in Österreich 5,3 Millionen Menschen zwischen 15 und 59 Jahre alt. Im selben Jahr waren 2,1 Millionen Menschen 60 Jahre oder älter. 2045 werden bereits 3,2 Millionen Menschen und 2060 werden 3,3 Millionen Menschen in Österreich über 60 Jahre alt sein. Dies entspricht dann bereits 40 % der Gesamtbevölkerung [1]. 

Die Altersvorsorge wird in Österreich vorwiegend umlagefinanziert und durch staatliche Zuschüsse unterstützt. In dem Umlageverfahren finanziert die erwerbstätige Bevölkerung mittels am Bruttolohn bemessener Beitragssätze die Pensionen der Menschen im Ruhestand. In der Vergangenheit kamen über einen längeren Zeitraum drei Personen im erwerbsfähigen Alter auf einen Pensionsbezieher. Aktuell liegt dieses Verhältnis bei 2,5. Ab 2025 könnte die Anzahl der Personen im erwerbsfähigen Alter im Verhältnis zu den Pensionisten bereits unter 2 fallen und bis 2060 nur noch knapp über 1 liegen (Grafik 1 – siehe pdf-Dokument).

Die Dynamik des umlagefinanzierten Pensionssystems wird grundlegend durch den demografischen Wandel getrieben. Die Veränderungen, welche das Pensionssystem in eine Schieflage bringen, werden durch unsere Simulation abgebildet. Die Einzahlungen der Erwerbstätigen in das System reichen dabei in zunehmendem Umfang nicht mehr aus, um die Auszahlungen (Pensionen) abzudecken. 2015 musste der Staat bereits rund 10 Milliarden Euro (2,8 % des Bruttoinlandsprodukts) in das Pensionssystem zuschießen (Bundesbeitrag). Zum Vergleich: Das ist mehr als der Bund für Familien und Kinder ausgibt (7,9 Mrd. Euro in 2015). Die Bundesausgaben für den Bereich Bildung lagen 2015 bei 16,9 Mrd. Euro und für den Bereich Öffentliche Sicherheit bei 4,7 Mrd. Euro [2].  Anders gesagt sind die Budgetausgaben für das Pensionssystem „Opportunitätskosten“, das heißt, die Finanzmittel fehlen in zukunftsnotwendigen öffentlichen Versorgungsbereichen.

Die Europäische Kommission prognostiziert einen Anstieg der öffentlichen Ausgaben für das österreichische Pensionssystem von 13,9 % des BIP auf 14,7 % in 2040 und 14,4 % in 2060 [3].  Im Langfristgutachten der staatlichen Kommission zur langfristigen Pensionssicherung kam man zu dem Ergebnis, dass der maximale Bundesbeitrag im Zeitraum von 2048-2051 auf einen Wert von 5,7 % des BIP steigt und danach auf eine Belastung des Bundes von 5,2 % fällt [4].  Demgegenüber errechnen wir Prognosen für mehrere Szenarien: Das „Status quo“-Szenario stellt die aktuell geltende Fassung des Pensionssystems dar. Zwei Szenarien unterstellen eine rasche und kräftige Anhebung des Pensionsantrittsalters („Plus 5“, „Plus 10“).  Die „Status quo ante“-Simulation geht von einem unveränderten faktischen Pensionsalter von rund 60 Jahren aus. Das „Beitrags-Plus“-Szenario zeigt, welche Betragshöhe notwendig wäre, um den Bundeszuschuss zu stabilisieren. Die technische Beschreibung des Modells befindet sich im Appendix.

Status quo: Die Regelaltersgrenze beträgt für Frauen 60 Jahre und für Männer 65 Jahre, wobei die schrittweise Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters der Frauen auf das 65. Lebensjahr zwischen 2024 und 2033 bereits gesetzlich vorgesehen ist. Bleibt das System ansonsten unverändert, dann steigt in unserer Simulation der Budgetzuschuss bis 2045 auf 5,3 % und bis 2060 auf 6,7 % des BIP (Grafik 2 – siehe pdf-Dokument).

Plus 5: Die OECD empfiehlt in ihrem Länderbericht, das Pensionsantrittsalter der Frauen zügiger an jenes der Männer anzugleichen [5].  Erfolgt die Anhebung des Pensionsantrittsalters bereits mit Simulationsbeginn – über 5 Jahre auf ein Alter von 65 Jahren, dann würde der Beitrag aus dem öffentlichen Budget anfangs sogar fallen (2,6 % d. BIP), aber à la long wieder relativ stark auf 6,9 % des BIP in 2060 ansteigen (Grafik 3 – siehe pdf-Dokument).

Status quo ante: Der negativste Fall für das Pensionssystem wäre, wenn das faktische Pensionsalter unverändert bei einem durchschnittlichen Alter von 60 Jahren bliebe. Die Kosten für das Bundesbudget (Grafik 4 – siehe pdf-Dokument) explodieren (7,0 % in 2030 und 10,0 % in 2060). 

Plus 10: In einem weiteren Szenario erhöhen wir das Pensionsantrittsalter schrittweise jährlich um ein zusätzliches Jahr, bis 2025, auf das 70. Lebensjahr. Es würde nicht bedeuten, dass jeder bis in dieses hohe Alter arbeitet, sondern dass die volle Ersatzrate nur bei Erwerbstätigkeit bis zum 70. Lebensjahr erreicht werden würde. Gegenwärtig beruht das System auf der „Pensionsformel 80/45/65“: Wer nach 45 Beitragsjahren mit 65 in Pension geht, soll 80 % des gesamten durchschnittlichen monatlichen Einkommens über die Erwerbsbiografie (Bruttoersatzrate) erhalten. Der Budgetzuschuss sinkt in unserer Simulation zunächst bis 2030 (0,3 % d. BIP) und steigt am wenigsten von allen Szenarien auf 3,9 % des BIP bis 2060 (Grafik 5 – siehe pdf-Dokument).

Beitrags-Plus: Andererseits könnten die Pensionsbeiträge erhöht werden, was zu einer enormen Abgabenbelastung des Faktors Arbeit führt: Bis 2060 müsste der an den Bruttolöhnen bemessene Beitragssatz von aktuell 22,8 % stetig auf 35 % angehoben werden, damit der Zuschuss aus dem Budget auf dem heutigen Niveau gehalten werden könnte (Grafik 6 – siehe pdf-Dokument).
 
Eine Reihe von Annahmen wurden in unserem Modell so gewählt, dass sie die Finanzierbarkeit des Pensionssystems unterstützen. Die Gruppe der Beitragszahler ist zum Beispiel dadurch, dass sie Personen ab dem 15. Lebensjahr umfasst, breit gesetzt. Die jährliche Pensionsanpassung richtet sich nur nach der Inflationsrate. Andererseits profitiert die Basis für die Einnahmen, die realen Bruttolöhne, von einer relativ positiven jährlichen Produktivitätsentwicklung. Außerdem ist die Ersatzrate nicht hoch bemessen. Dennoch stellt sich in keinem Szenario eine Nachhaltigkeit des Pensionssystems in dem Sinne ein, dass der Bundeszuschuss am heutigen Niveau stabilisiert werden würde. Unsere Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass das österreichische Pensionssystem den Herausforderungen durch den demografischen Wandel in der jetzigen Form nicht gewachsen ist.

Appendix (siehe pdf-Dokument)


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[1] Bevölkerungsprognosen: Statistik Austria
[2] Eurostat
[3] European Commission: The 2015 Ageing Report: Economic and Budgetary Projections for the EU28 Member States (2013-2060)
[4] Kommission zur langfristigen Pensionssicherung (2014): Bericht über die langfristige Entwicklung der gesetzlichen Pensionsversicherung für den Zeitraum 2013 bis 2060, November 2014
[5] OECD Economic Surveys: Austria, July 2017

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